Studentinnen und Studenten des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen an der Göttinger HAWK Fakultät Ressourcenmanagement können einen neuen Studienschwerpunkt wählen. Energietechnik heißt die neue Richtung, die sich vor allem mit dezentraler Energieerzeugung, Energieeffizienz, Energienetzen und Energiespeichertechniken beschäftigt.
Der Strom kommt aus der Steckdose. Doch das ist allenfalls nur die halbe Wahrheit. Schon seit Jahrzehnten ist das Gespräch über den Strom auch ein Gespräch über schmutzige Geschäfte. Kohlekraftwerke sind für einen Großteil der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich. Damit sie Strom produzieren können, werden Landschaften zerstört und ganze Dörfer verschwinden. Und nicht erst seit den Ereignissen im japanischen Fukushima steht auch die nukleare Stromerzeugung in der Kritik.
Wie der weltweit wachsende Energiebedarf zunehmend durch regenerative Energiequellen gedeckt werden kann, ist Gegenstand des Studienschwerpunktes, so Marie Plaisir, Studentin im vierten Semester. „Die Energiewende kann nur gelingen, wenn erneuerbare Energieträger in die bestehende Energieversorgungsstruktur integriert werden und Großkraftwerke langfristig ersetzen. Ökonomisch ist dies auf lange Sicht gedacht vorteilhaft und ökologisch notwendig“, sagt Studiendekan Prof. Dr. Jürgen Horsch. Im Studienschwerpunkt Energietechnik steht deshalb die dezentrale Energieversorgung im Vordergrund. Darüber hinaus sind aber auch die Themen Energieeffizienz, Energiespeichertechniken und Energienetze von Bedeutung. Felder, auf denen auch an der Fakultät Ressourcenmanagement umfassend geforscht werde, berichtet Horsch: „Die damit verbundenen Technologien sind ja noch lange nicht ausgeschöpft.“
Ein Wirtschaftsingenieur arbeitet an der Schnittstelle zwischen Betriebswissenschaft und Ingenieurwissenschaft. Welcher Werkstoff ist für ein Produkt vorteilhafter? Welche Maschine ist bei einer Investitionsentscheidung auszuwählen? Wie können Prozesse verbessert werden? All das sind ganz typische Fragen, mit denen sich ein/eine Wirtschaftsingenieur/in auseinandersetzt. Weil die HAWK eine praxisnahe Ausbildung zum Ziel hat, unterrichten hier oft Dozent/inn/en, die direkt aus den Unternehmen stammen. „Die erzählen wirklich von den ganz alltäglichen Problemen“, berichtet Studentin Plaisir.
„Man muss halt beide Sprachen verstehen - die der Konstrukteure und die der Buchhalter“, meint der Student Michael Deike über Wirtschaftsingenieurwesen als Fach. Was das für die Energietechnik bedeutet, macht Maik Förster, Student im vierten Semester, klar. So müsse sich ein Wirtschaftsingenieur nicht nur fragen, welche Leistung beispielsweise eine Solaranlage bringen müsse, sondern auch, ab wann sich solch eine Investition überhaupt rechne, welche Infrastruktur benötigt wird, um die Anlage zu betreiben, oder was es rechtlich zu beachten gibt, wenn sich beispielsweise eine Wohnsiedlung in der Nähe befindet.
Wirtschaftsingenieurwesen ist, so beschreibt Horsch, ein interdisziplinäres Studium und damit auch eine große Chance für jeden einzelnen seiner Studierenden. Mit einer Vielzahl von Themen und Disziplinen innerhalb des Studienganges könne sich jede Studentin und jeder Student eine passende berufliche Positionierung suchen. Das sei vor allem nach dem Studium ein Pluspunkt beim Einstieg in den Arbeitsmarkt . Horsch‘ Erfahrung: „Es ist Arbeitgebern häufig nicht wichtig, ob ein Absolvent den Bachelor- oder Masterabschluss hat, sondern, dass die fachliche Passung stimmt.“
Mit der Wahl des Studienschwerpunktes Energietechnik ergäben sich per se gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, findet Student Deike. Mit der politischen Diskussion um die Energiewende tritt auch die Frage nach einem verantwortungsvollen Umgang in den Fokus jedes Unternehmens. „Es wird kein Chef sagen ‚oh, Sie haben Energietechnik studiert, das brauchen wir gar nicht‘“, sagt Deike. Auch er schätzt die Freiheit, die das Studium des Wirtschaftsingenieurwesens mit sich bringt: „Ich kann genauso in die Forschung, wie auch in die Entwicklung oder ins Marketing gehen.“
Was ihre Jobchancen angehen, sieht Studentin Bernadette Wiedow entspannt in die Zukunft. „Weil sie händeringend Leute suchen“, weiß sie. Das habe sie auf einer Messe selbst gesehen. Dort habe man leuchtende Augen gesehen, wenn man über seinen Studienschwerpunkt Energietechnik erzählte, berichtet die Studentin. „Wichtig ist ja, dass man die Möglichkeiten der Energietechnik nicht nur auf Deutschland beschränkt“, findet Horsch.
„Das ist ein abwechslungsreiches Studium, das am Arbeitsmarkt gefragt wird“, zieht Prof. Dr. Horsch als Fazit. Als Beispiele nennt er die Projektierung von Energieanlagen, Planung von Energienetzen und Beratung im Bereich Energieeffizienz. Für den Studenten Deike ist die Wahl seines Studienfachs aber noch aus einem andren Grund wichtig: „Ich würde gerne einmal Kinder in diese Welt setzen und sagen können, ‚Euer Papa hat daran mitgearbeitet, dass es besserwird‘.“
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