Der Mindestlohn ist besiegelt. Zwar sind die schlimmsten Ecken und Kanten des heute vom Bundestag beschlossenen Gesetzes in letzter Minute abgeschliffen worden, aber das Ergebnis bleibt aus Sicht des Handwerks riskant: „Viele Betriebe zahlen tariflich bereits jetzt einen höheren Stundensatz, das ist nicht das Problem“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT) Oskar Vogel, „aber wenn ungelernte Helfer künftig deutlich mehr verdienen als junge Menschen in der Ausbildungszeit, dann wird die Lehre unattraktiv.“ Da könne so gut wie kein Azubi-Lohn mithalten.
Die geradezu panischen Änderungen des Gesetzgebers vor Torschluss hätten gezeigt, dass nichts über die seit Jahrzehnten bewährte Tarifautonomie gehe, sagte Vogel weiter. Statt den Weg über differenzierte tarifliche Branchenmindestlöhne weiter zu gehen, habe sich beim Gesetzgebungsverfahren für einen einheitlichen Mindestlohn die Schwierigkeit offenbart, die Heterogenität der Branchen sowie die regionalen und strukturellen Unterschiede der Unternehmen unter einen Hut zu bringen. Dass neben Pflichtpraktika im Rahmen eines Studiums oder einer Berufsausbildung nun auch Orientierungspraktika bis zu drei Monaten ausgenommen sind, sei sinnvoll: „Allerdings hätten wir uns sechs Monate gewünscht.“
Man werde nun sehr genau beobachten müssen, ob der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn bereits ab dem 18. Lebensjahr den Reiz für manchen Jugendlichen erhöhe, eine Ausbildung zu umgehen, betonte Vogel. 1.400 Euro brutto im Monat ohne jegliche Qualifikation, das klinge doch verlockend. Zudem verhalte sich dies kontraproduktiv zu den Bemühungen der Landesregierung, tausende Jugendliche ohne Abschluss schneller von der schulischen Warteschleife in die duale Ausbildung zu bringen, wie es ab dem kommenden Schuljahr auf Empfehlung des landesweiten Ausbildungsbündnisses mit der dualen Ausbildungsvorbereitung (AV dual) modellhaft erprobt wird. Diesem begrüßenswerten neuen Bildungsweg könnten damit Steine in den Weg gelegt werden, befürchtet Vogel.
Die 133.000 Handwerksbetriebe in Baden-Württemberg erwirtschaften einen Umsatz von 82 Milliarden Euro. Sie beschäftigen 735.000 Mitarbeiter und bilden 50.000 junge Menschen aus.
Comments
Die Meinungen zum Thema Mindestlohn waren und sind immer noch sehr unterschiedlich, dennoch glaube ich, dass die Einführung des Mindestlohnes ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung war, denn Menschen, die Arbeiten gehen, sollen auch endlich wieder von ihrem Geld leben können. Dennoch muss sich in diesem Bereich auch in Zukunft noch einiges ändern.
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ThomasB um 08:48 UhrKommentar hinzufügen