Viele Betriebsinhaber im Handwerk sind sauer auf die Banken. Im Interview mit der BILD (17.08.2009) warnt Otto Kentzler (67), Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH): "Vor allem Privatbanken sollten aufpassen, dass sie nicht aus reiner Profitgier Betriebe in die Knie zwingen und Arbeitsplätze vernichten." Der Bundesregierung empfiehlt Kentzler, die bestehenden erfolgreichen Förderprogramme zu verbessern.
Kentzler: In der Tat ist der Tiefpunkt der Krise erreicht, es geht wieder aufwärts. Jetzt müssen wir alles dafür tun, um den deutschen Inlandsmarkt besser in Schwung zu bringen. Noch steigt die Sparquote. Die Leute legen ihr Geld lieber auf die hohe Kante, statt es auszugeben. Umgekehrt wäre es besser.
Kentzler: Nur ein Beispiel: Dreiviertel der Energie im Haushalt geht nur für Heizung drauf. Wer sein Haus oder seine Wohnung energetisch saniert, also besser isoliert oder neue Technik installiert, spart ordentlich Geld, tut etwas für die Umwelt und sichert Arbeitsplätze. Aber die Investition ist erst einmal teuer. Deshalb muss der Staat noch stärker helfen.
Kentzler: Es gibt etliche gute Förderprogramme. Aber man darf immer nur eines nutzen. Entweder einen Teil der Arbeitskosten von der Steuer absetzen oder einen verbilligten Kredit nehmen. Beides zusammen geht nicht. Dieses Kumulationsverbot sollte fallen. Wer investiert, sollte alle staatlichen Fördermöglichkeiten gleichzeitig nutzen können.
Kentzler: Wenn die Leute investieren, spült das dem Staat mehr Geld in die Kasse als es ihn kostet. Man sollte folgerichtig die Abschreibungsmöglichkeiten verbessern. Wer sein Haus saniert, kann nur in einem Kalenderjahr 6000 Euro der Arbeitskosten ansetzen. Das kann man verbessern. Wenn höhere Kosten über zwei Jahre geltend gemacht werden können, dürfte mancher größere Investitionen wagen. Auch eine Erhöhung des Steuerbonus von 20 auf 25 Prozent, also deutlich über dem Mehrwertsteuersatz, würde helfen, die Schwarzarbeit zurückzudrängen. Die hat in der Krise spürbar zugenommen. Das können wir uns nicht leisten!
Kentzler: Wir haben keine Kreditklemme, aber viele unserer Leute sind trotzdem sauer auf die Banken. Die Europäische Zentralbank hat 460 Milliarden Euro für 1 Prozent Zinsen an die Banken ausgereicht, damit sie die Wirtschaft günstig mit Krediten versorgen. Doch viele Banken knöpfen den Betrieben jetzt 9 bis 10 Prozent Zinsen ab und verlangen oft noch Risikozuschläge und zusätzliche Sicherheiten. Vor allem Privatbanken sollten aufpassen, dass sie nicht aus reiner Profitgier Betriebe in die Knie zwingen und Arbeitsplätze vernichten.
Kentzler: Das Handwerk wird 2009 etwa so viele Lehrlinge ausbilden wie 2008. In manchen Berufen finden wir nicht mal genug junge Leute. Viele wissen nicht, dass es im Handwerk rund 100 verschiedene Berufe gibt. Da müssen Schule und Handwerk noch viel mehr Aufklärung bieten. Wir wollen auch verstärkt um Schulabgänger mit Migrationshintergrund werben. Die müssten gezielter in der Schule gefördert und an die Berufswelt herangeführt werden. Dann werden sie ihre Ausbildungschancen auch besser nutzen können.
Interview: Andreas Thewalt und Jan Schäfer
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