Stuttgart – Weniger Holzeinschlag bei Buche und Eiche, mehr Wildnisgebiete und mehr Naturnähe fordert der NABU Baden-Württemberg in seinem vorgelegten Waldbericht 2009. Der bewusst im Vorfeld des Internationalen Tages des Waldes (21.3.) veröffentlichte Bericht wertet die offiziellen Zahlen zur Forstwirtschaft im Land aus und beschreibt den Zustand der Wälder und der Forstpolitik. „Trotz einiger guter Ansätze in der Forstwirtschaft, leiden unsere Wälder schwer unter dem wachsenden wirtschaftlichen Druck und dem konzeptionellen Stillstand im Waldbau. Damit die Wälder fit für die Zukunft werden, muss die Landesregierung endlich aufhören, an der Forstverwaltung herumzubasteln und sich wieder dem Wald selbst zuwenden“, forderte NABU-Landesgeschäftsführer Uwe Prietzel auf einer Pressekonferenz in Stuttgart.
„Das Ziel, ökologisch stabile Wälder zu etablieren, hat Baden-Württemberg bis heute nicht erreicht. Ein Drittel des geernteten Holzes fällt aufgrund von Sturmwurf, Trockenheit und Insektenfraß an – bei stabilen Wäldern wäre diese Zahl um ein Vielfaches kleiner“, bilanziert NABU-Waldexperte Dr. Volker Späth, Leiter des Instituts für Landschaftsökologie und Naturschutz Bühl und einer der Autoren des NABU-Waldberichts. „Instabil sind vor allem naturferne Bestände, die an den jeweiligen Standorten nicht zur natürlichen Vegetation gehören und deshalb anfällig sind.“ Positiv wertet der NABU daher die Zunahme der Laubwälder (1987: 31 Prozent, 2007: 42 Prozent). Auch mit seiner in Arbeit befindlichen Alt- und Totholzkonzeption gehe das Land einen Schritt in die richtige Richtung.
Konzept „Naturnahe Waldwirtschaft“: gut, aber nach 20 Jahren angestaubt
Aus Sicht des NABU hat sich das Konzept der „Naturnahen Waldwirtschaft“ in Baden-Württemberg bewährt. Da es jedoch fast 20 Jahre alt ist, müsse es dringend modernisiert werden. „Die Welt hat sich weitergedreht: Neue waldbauliche Erfahrungen, neue Naturschutzmaßgaben und Anpassungen an den Klimawandel müssen in ein Gesamtkonzept integriert werden“, sagt Späth.
0,5 Prozent Bannwälder: zu wenig!
Für einen gesünderen und stabileren Wald müsse das Land zunächst seine bestehenden Ziele erreichen: So versprach das Land etwa, ein Prozent der Waldfläche als Bannwald auszuweisen, wo der Mensch nicht eingreift. Aktuell sind es mit 6.757 Hektar jedoch nur 0,5 Prozent. „Die Fläche der Wildnisgebiete ist verschwindend gering, dabei bieten gerade sie Pflanzen und Tieren wichtige Rückzugsräume – und den Menschen attraktive Natur-Oasen“, sagt Prietzel. „Es ist beschämend, dass das Land sein Ziel von einem Prozent über Jahre nicht erreicht. Die Messlatte liegt sowieso viel zu tief. Der Bund hat in der Nationalen Biodiversitätsstrategie die Latte auf fünf Prozent gelegt!“
Holzeinschläge: zu hoch!
Als alarmierend bezeichnet der NABU auch die massiven Holzeinschläge, die insbesondere bei Laubhölzern wie Buche und Eiche zu hoch seien. 2004 wurden 430.000 Festmeter eingeschlagen, 2007 rund 680.000 Festmeter. „Insbesondere ab dem Jahr 2006 ist der Hiebsatz drastisch angestiegen. Der Wald musste die Staatskasse füllen“, kritisiert Prietzel. Statt soviel Holz zu fällen, wie das Finanzministerium fordert, sollte sich der Einschlag am Waldbau orientieren. „Für die Buchenwälder brauchen wir keine großflächigen Räumungen, sondern einen konsequenten Übergang zu einer dauerwaldartigen Bewirtschaftung“, ergänzt Forstwissenschaftler Späth. Die hohen Hiebsätze verhindern, dass in Baden-Württemberg vermehrt alte und stabile Wälder mit einer dauerwaldartigen Bewirtschaftung entstehen.
Förster: ohne Nachwuchs!
„Während die Bäume in Baden-Württemberg leider nicht älter werden, gilt dies aber für das ihres Nachwuchses beraubte Forstpersonal“, kritisiert Prietzel. Von 2005 bis 2011 wird es mit einem Minus von 20 bis 40 Prozent einen dramatischen Aderlass am Forstpersonal geben – und so gut wie keinen forstlichen Nachwuchs. „Der Personalkörper vergreist und kann bei der anstehenden Pensionierung ganzer Förstergenerationen nicht schlagartig ersetzt werden. Minister Hauk muss jetzt endlich Säge und Organisationsspiele aus der Hand legen und seiner Verantwortung für die Zukunft unserer Waldökosysteme gerecht werden“, fordert Prietzel.
Der NABU-Waldbericht ist unter www.NABU-BW.de herunterzuladen.
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