Neues Zertifikat sichert nachhaltigen Anbau von Agrarholz



Biomasse als eine der nachhaltigen Alternativen zu fossilen Energieträgern? Klingt gut, doch der Anbau von Energiepflanzen wie Mais oder Raps kann sich auch negativ auf die Umwelt auswirken: „Eine deutliche Abnahme der Vielfalt von Pflanzen und Tieren kann die Folge sein. Auch Belastungen von Grund- und Oberflächenwasser können auftreten“, unterstreicht Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Um ähnliche Folgen beim Anpflanzen von Pappeln und anderen schnell wachsenden Hölzern auf landwirtschaftlichen Flächen zu vermeiden, entwickelte das Internationale Institut für Wald und Holz NRW (Münster) mit einer DBU-Finanzspritze über 102.000 Euro ein Nachhaltigkeitszertifikat. Es regelt ein nachhaltiges, umwelt- und klimafreundliches Anlegen, Bewirtschaften und Ernten dieser Flächen. Informationen gibt die neue Internetseite http://www.agrarholz-nachhaltig-angebaut.de/.

Zertifikat jeweils für fünf Jahre gültig

„Im Gegensatz zu den immer teurer werdenden fossilen Energieträgern hat der umweltfreundliche und klimaneutrale Agrarholzanbau Zukunft“, sagt Prof. Dr. Andreas Schulte, Vorsitzender des Instituts. Mit Beginn dieses Jahres können umweltbewusste Flächenbesitzer ihre Kurzumtriebsplantagen – also Schnellwuchsplantagen – mit dem Logo „Agrarholz nachhaltig angebaut“ zertifizieren lassen. Das Zertifikat sichere Ökostandards für diese Landschaftsnutzungsform in Deutschland und sei jeweils für fünf Jahre gültig. In dieser Zeit werde der Betrieb mindestens zweimal kontrolliert. Anschließend könne das Zertifikat nach erneuter Prüfung um fünf Jahre verlängert werden.

Forscher und Institutionen: 2020 Holzversorgungslücke in Europa

„Verschiedene Forscher und Institutionen haben für 2020 eine Holzversorgungslücke für Europa wie für Deutschland vorhergesagt, die sich nicht allein durch nachhaltiges Bewirtschaften von Wäldern schließen lässt. Ab 2014 können alle Bundesländer das Anlegen schnell wachsender Agrarholzflächen bezuschussen lassen – so hat es die Bundesregierung Anfang 2013 beschlossen“, sagt Schulte. Die Europäische Union habe zudem den Rahmen dafür geschaffen, dass diese Form der Landwirtschaft durch die Mitgliedsländer als ökologische Vorrangfläche anerkannt werden kann.

Anbau von Holz als Bioenergieträger ökologischer und kostengünstiger als der anderer Energiepflanzen

Auf bislang rund 10.000 Hektar – rund ein Drittel der Fläche der Stadt Münster – stünden Agrarholzflächen in Deutschland. Im Vergleich zu anderen Energiepflanzen wie Raps und Mais, die auf über zwei Millionen Hektar wüchsen, sei die Fläche eher klein. Dabei sei der Anbau von Holz als Bioenergieträger insgesamt kostengünstiger, vor allem aber ökologischer als der anderer Energiepflanzen. „Da der Boden nur alle 30 Jahre bearbeitet werden muss – bei Mais und Raps dagegen jedes Jahr – ist die lange Bodenruhe ein großer ökologischer Vorteil. Auch wird in der Regel kein Dünger und werden vergleichsweise wenig Pestizide benötigt“, so Schulte. Neben dem Erzeugen von Strom und Wärme könnten aus Holz unter anderem auch Papier, Holzwerkstoffe oder Verbundmaterialien hergestellt oder thermisch behandeltes Pappelholz zur Fassadenverkleidung verwendet werden.

Kriterien orientieren sich an nationalen und europäischen Regelungen

„Gemeinsam mit anderen Institutionen und Verbänden haben wir Kriterien erarbeitet, die sich an nationalen und europäischen Regelungen orientieren und über geltende Standards hinausgehen“, so Schulte. Dieser Katalog ist im Rahmen von fünf Praxistests in Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bayern erprobt worden. Beim Anlegen und Bewirtschaften von Agrarholzflächen sei es wichtig, den Natur- und Wasserhaushalt, die biologische Vielfalt und das Landschaftsbild nicht zu beeinträchtigen. Obendrein sollten auch großflächige Monokulturen vermieden werden, um die Lebensraumvielfalt zu erhöhen und das Risiko für Schädlinge und Krankheitsbefall zu senken. Damit der Wasserabfluss gewährleistet bleibe, dürften Böden in hochwassergefährdeten Gebieten nicht für den Anbau genutzt werden. Zudem dürften Pflanzenschutz- und Düngemittel nur im Bedarfsfall, nicht vorbeugend eingesetzt werden. Der Erholungswert und das Landschaftsbild sollten ebenfalls nicht beeinträchtigt werden.

Marktvorteil für zertifizierte Betriebe

„Mit der Zunahme des Agrarholzanbaus werden zertifizierte Betriebe gegenüber konventionellen – ähnlich wie im Holzhandel – in Zukunft einen deutlichen Marktvorteil erringen können. Nachhaltiges Wirtschaften kann sich deshalb nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht lohnen“, betont DBU-Referent Dr. Reinhard Stock. Das Zertifizierungsverfahren wurde gemeinsam mit der DIN CERTCO Gesellschaft für Konformitätsbewertung (Berlin) als unabhängige und akkreditierte Zertifizierungsgesellschaft der Rheinlandgruppe des Technischen Überwachungsvereins und des Deutschen Instituts für Normung durchgeführt.

Autor:
Holzi am 20. Feb. 2014 um 10:48 Uhr
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