Derzeit spricht einiges dafür, dass wir das Schlimmste hinter uns haben und die größte Rezession der Nachkriegsgeschichte vielleicht schon überstanden ist. Doch auch die wirklichen oder vermeintlichen Experten können das derzeit noch nicht mit Gewissheit sagen. Es mehren sich jedoch positive Signale, wonach zumindest das weitere Abrutschen der Konjunktur gestoppt ist. Nach einem beispiellosen Einbruch der deutschen Wirtschaft von 3,5 Prozent im ersten Quartal diesen Jahres legte das Bruttoinlandsprodukt zwischen April und Juni überraschender Weise um 0,3 Prozent zu. Viele hatten mit einem weiteren Rückgang gerechnet. Licht am Ende des Tunnels oder blenden uns da nur die mittels der Abwrackprämie finanzierten Neuwagen? Auszuschließen ist das nicht, denn immerhin stieg die Zahl der PKW-Neuzulassungen dank staatlicher Konsumlenkung zwischen Januar und Juni 2009 um 26,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Solch hoheitliche Interventionspolitik hat natürlich auch eine Kehrseite. Da die Privathaushalte weiterhin eine hohe Sparquote pflegen, können sie jeden Euro naturgemäß nur einmal ausgeben. Die Ausgaben für Autos fehlen für andere langlebige Konsumgüter wie beispielsweise Möbel. Der Einbruch beim Möbel-Industrieumsatz im April 2009 um 20,6 Prozent geht teilweise sicherlich auch auf das Konto der gedopten Neuwagen-Käufe, die im März ihren Höhepunkt mit einem Plus von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat erreichten. Unser eindeutiger Appell richtet sich deshalb an alle wahlkämpfenden Politiker und die neue Bundesregierung: Finger weg von einer weiteren Verlängerung der Abwrackprämie.
Um es klar zu sagen: Wir fordern keine Subventionen für uns Möbler – aber die Gleichbehandlung aller Branchen. Die Abwrackprämie ist nichts anderes als staatliche Konsumlenkung und schadet der Möbelindustrie und den übrigen Konsumgüterindustrien insgesamt ungemein. Statt Autos sollte die Politik lieber die „Kalte Progression“ der Einkommensteuer für Bürger und Mittelstand abwracken, damit wieder mehr Geld in Portemonnaies und Kassen verbleibt, das dann nach freier Entscheidung eines jeden Einzelnen verwendet werden kann.
Eine so geartete Konjunkturspritze würde auch der Holz- und Möbelindustrie zugute kommen. Auch wenn bei uns die Umsatzrückgänge im ersten Halbjahr etwas geringer ausfallen als beim gesamten Verarbeitenden Gewerbe (-16,1% bei uns, -19,1% gesamt), bleibt dies ein bitterer und schmerzlicher Rückgang und ändert nichts daran, dass für die nächsten Monate noch beträchtliche Risiken für unseren Industriezweig bestehen:
Viel wird für den weiteren Branchen-Konjunkturverlauf davon abhängen, was nach dem Auslaufen der Kurzarbeiterregelungen auf dem Arbeitsmarkt passiert. Deutlich höhere Arbeitslosenzahlen würden das bislang vergleichsweise stabile Konsumklima verschlechtern. Zumindest die Einrichtungsbranche würde davon mit Sicherheit getroffen werden. Bisher stehen wir in puncto Arbeitsplatzerhalt jedoch ganz gut da. So unternimmt die Möbelindustrie bislang alles, die Arbeitsplätze zu erhalten und reduzierte trotz eines deutlichen Umsatzrückganges im 1. Halbjahr die Zahl der Beschäftigten um vergleichsweise moderate -2,6%.
Mit einem Umsatz von 7,6 Mrd. € lag die Möbelindustrie bis Ende Juni um 13,8 Prozent oder 1,2 Mrd. € unter dem Vorjahreswert. Der Umsatzrückgang bei den Investitionsgütern wie Büro- und Ladenmöbeln fiel etwas höher aus als bei den reinen Wohnmöbeln. Im Inland verzeichneten wir ein Minus von 12,6 Prozent, während das Auslandsgeschäft mit 16,9 Prozent noch stärker zurückging. Das Exportgeschäft entwickelte sich damit schlechter als das Inlandsgeschäft und hat im Gegensatz zu den Vorjahren seine Funktion als Umsatzstütze der Branche eingebüßt. Allerdings stehen unsere Industrieunternehmen mit den genannten Rückgängen in der momentanen weltweiten Krise noch vergleichsweise gut dar, während große Wettbewerbsregionen – wie beispielsweise Italien – derzeit doppelt so hohe Einbußen verkraften müssen.
Beim Blick auf die einzelnen Segmente der Möbelindustrie fällt auf, dass die deutsche Büro- und Ladenmöbelindustrie sich im Gegensatz zu den Vorjahren äußerst schwach entwickelt. Mit einem Umsatzminus von 15,7 % auf rund 1,5 Mrd. € stellt sie das derzeit am schnellsten schrumpfende Segment der Möbelindustrie dar. Diese beiden Bereiche – noch im Vorjahr von einer stabilen Investitionsgüternachfrage getragen - bekommen aktuell die schmerzhaften Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise und die Zurückhaltung beim Wirtschaftsbau deutlich zu spüren. Bei der Küchenmöbelindustrie verzeichnen wir einem Umsatzrückgang um 13,1 % auf 1,8 Mrd. €. Die Wohnmöbel – darunter sind Polster-, Wohn-, Ess- und Schlafzimmermöbel zusammengefasst – liegen mit 13,8 % auf 3,9 Mrd. € im Minus. Der Umsatz der Matratzenhersteller ging um 9 % auf rund 370 Mio. € zurück.
Der Auftragseingang signalisiert uns, dass die Lage jedoch langsam wieder besser wird und das Minus am Ende des Jahres eher geringer ausfallen wird als zum Halbjahr. So wissen wir aus internen Erhebungen, dass die Küchenmöbelindustrie zum Halbjahr rund 5 Prozent weniger Aufträge verzeichnete als im Vorjahreszeitraum. Bei Polstermöbeln sanken die Aufträge um gut 3 Prozent. Die Stimmung im Handel ist vergleichsweise gut, er spricht von stabilen bis sogar leicht positiven Umsätzen. Hierin enthalten ist aber natürlich auch ein wachsender Anteil von Importmöbeln.
Insgesamt beschäftigt die deutsche Möbelindustrie – wie bereits erwähnt - mit ihren über 91.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 2,6 % oder fast 2.500 Beschäftigte weniger als vor einem Jahr. Die Zahl der Betriebe ging um 5 oder 0,9 % auf 553 Unternehmen zurück. Dies bedeutet: von einem Firmensterben ist die Möbelindustrie weit entfernt.
Nun ein Blick auf das Holzgewerbe, also die Holzindustrie ohne die Möbelhersteller. Die 421 Betriebe (-3,8%) mit mehr als 50 Beschäftigten setzten zwischen Januar und Juni 2009 insgesamt 5,9 Mrd. € um und damit 19 Prozent weniger (- 1,4 Mrd. €) als im ersten Halbjahr 2008 (7,3 Mrd. €). Infolge dieser negativen Umsatzentwicklung sank die Zahl der Beschäftigten um 4,9 Prozent oder rund 3.000 auf 57.940.
Etwas besser als der Durchschnitt entwickelten sich die Unternehmen im sogenannten baunahen Bereich, dazu gehören Hersteller von Fertighäusern, Fenstern und Türen, deren Auftragslage im bisherigen Jahresverlauf teilweise von den Konjunkturpaketen 1 und 2 der Bundesregierung gestützt werden konnte. Der Umsatz der 180 Betriebe sank allerdings immerhin noch um 11,7 Prozent auf 1,8 Mrd. €. Die Erlöse der Parkettproduzenten gingen im ersten Halbjahr um rund 16,5 Prozent auf 120 Mio. € zurück. Hier schlägt die schwache Nachfrage im privaten Wohnungsbau durch; die Baugenehmigungen bewegten sich in den ersten fünf Monaten 2009 um rund 9,3 Prozent unter dem Niveau des ohnehin schon äußerst schwachen Vorjahres. Die Hersteller von Holzverpackungen, die jahrelang von einem dynamischen Exportgeschäft profitieren konnten, warten angesichts des aktuellen Exportrückgangs der deutschen Industrie mit deutlichen Umsatzrückgängen auf. Der Umsatz in diesem Segment sank im ersten Halbjahr 2009 um 28,8 % auf rund 230 Mio. €
Die insgesamt negative Tendenz des Holzgewerbes wird nicht zuletzt durch die rückläufige Nachfrage nach Holzwerkstoffen beeinflusst. Der Umsatz der Hersteller von Spanplatten und anderen Holzwerkstoffprodukten sank um 22,1 % auf 2,1 Mrd. €. Die Sägewerke verzeichneten angesichts der rückläufigen Nachfrage aus den nachgelagerten Produktionsstufen ebenfalls deutliche Umsatzverluste von 21,5 % auf 1,4 Mrd. €. Die Sparte Holzveredelung und Herstellung von Kork-, Flecht- und Korbwaren musste einen Umsatzrückgang um 18 % auf rund 280 Mio. € verkraften.
Für die gesamte Holz- und Möbelindustrie ergibt sich folgendes Bild: Nach einem Umsatzzuwachs im vergangenen Jahr von 1,6 Prozent sanken die Verkäufe der Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten im 1. Halbjahr 2009 um 16,1 Prozent. Der Umsatz der Holz- und Möbelindustrie betrug 13,9 Mrd. € und damit rund 2,7 Mrd. € weniger als im Vorjahreszeitraum. Die 1.030 Herstellerbetriebe (-2,2 %) beschäftigten im ersten Halbjahr rund 157.000 Mitarbeiter und damit ca. 5.700 (-3,5 %) Männer und Frauen weniger als noch vor einem Jahr. Nach zwei Jahren mit Beschäftigungszuwächsen reagieren die Betriebe somit auf die negative Konjunkturlage, die andere Wirtschaftszweige härter traf aber an uns eben auch nicht spurlos vorbeiging.
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