Der Deutsche Naturschutzring (DNR) hat heute zusammen mit seinem Mitgliedsverband Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) in Berlin Bundesverkehrs-minister Alexander Dobrindt aufgefordert, die Richtlinie für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS) zurückzuziehen und zu überarbeiten. Seit dem Erlass dieser Richtlinie im Jahre 2009 komme es im gesamten Bundesgebiet zur großflächigen Abholzung von Straßenbäumen bei gleichzeitig viel zu geringen Neupflanzungen. Nicht nur entlang der 39.600 km Bundesstraßen, sondern auch der 86.200 km Landstraßen, 91.800 km Kreisstraßen sowie der in ihrem Umfang nicht bezifferten Gemeindestraßen. (Quelle: Statistisches Bundesamt Wiesbaden 2014).
RPS-Richtlinie Ausgangspunkt für Abholzungen Während der Baumabstand zum Fahrbahnrand bisher aufgrund der „Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume (ESAB aus dem Jahre 2006)“ 4,5 m betrug, wurde er durch die RPS-Richtlinie für Neupflanzungen auf 7,5 m ausgeweitet. Ersatzpflanzungen scheiterten aber regelmäßig an der Weigerung von Privateigentümern, die erforderlichen Flächen entlang der Straßen für den nötigen 8 – 10 m breiten Pflanzstreifen abzutreten und an den nicht vorhandenen finanziellen Mitteln. Zudem seien die Unterhaltskosten (Mähflächen) sehr kostenaufwendig.
Die Länder vollzögen erfahrungsgemäß die beiden Richtlinien des Bundesministeriums buchstabengetreu auch für untergeordnete Straßen (Land- und Kreisstraßen), ohne ausreichend auf die örtliche Situation einzugehen. Aus Unsicherheit werde der größere Abstand der RPS von 7,5 m auch beim Bestand von Straßenbäumen angewandt, für den eigentlich die ESAP mit ihren 4,5 m Abstand gilt.
Interessen der Versicherungswirtschaft „Haupttreiber für die völlig überzogene Abholzung von Straßenbäumen ist der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Mit fragwürdigen Gutachten versucht der GDV immer wieder, die Gefährlichkeit von Straßenbäumen zu belegen. Als Argument wird auf die sogenannten Baumunfälle verwiesen, auf die etwa 30% aller tödlichen Verkehrsunfälle bei Landstraßen entfallen. Die Verantwortlichen der Straßenbaubehörden entscheiden sich daher häufig, Bäume zu entfernen, da deren Abholzung kostengünstiger ist als das Anbringen von Schutz-einrichtungen“, betonte DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen.
Die Hauptursache für die tödlichen Verkehrsunfälle sind aber laut Polizeistatistiken in fast allen Fällen überhöhte Geschwindigkeiten. Nach Ansicht von DNR und SDW kann es keine „fehlerverzeihende Straße“ geben. Eine gewisse Eigenverantwortung müssen die Verkehrsteilnehmer schon übernehmen.
Alternativen für Erhalt von Straßenbäumen und mehr Verkehrssicherheit DNR und SDW verweisen auf die regelmäßigen Forderungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages, zuerst Geschwindigkeitsbegrenzungen zu erlassen und deren Einhaltung durch stationäre Überwachungen konsequent sicherzustellen. Dies müsse ergänzt werden durch betriebliche Maßnahmen gegen Fahrbahnverschmutzungen durch Laub oder die Streuung von Splitt bei Winterglätte. Die Anbringung von Schutzeinrichtungen wie Leitplanken sollte verstärkt erfolgen. Hilfreich seien auch bauliche Maßnahmen bei den Straßen wie die Veränderungen der Fahrbahnbeläge oder die Begradigung von Kurven. Bei einer konsequenten Durchführung dieser Alternativen würden die Abholzung von Bäumen oder die Herausnahme von Straßen aus einer Allee überflüssig.
„Straßenbäume sind ein prägendes Element des Landschaftsbildes und angesichts der intensiven Landwirtschaft ein immer wichtiger werdender Lebensraum. Als Gestaltungselement zur besseren Erkennbarkeit des Straßenverlaufs und für einen Wind-, Sonnen- und Schneeschutz sind sie unverzichtbar. Die große Attraktivität der Deutschen Alleenstraße unterstreicht auch das touristische Potential. Gleichzeitig wird der schleichende Tod von Alleen immer sichtbarer, wie es das Beispiel von Brandenburg, dem bisher alleenreichsten Land, zeigt“, sagte SDW-Geschäftsführer Christoph Rullmann. Im Zeitraum 2010 - 2012 seien dort 11 025 Bäume gefällt, aber nur 9765 neugepflanzt worden. Nach Ansicht von DNR und SDW muss daher der Anteil von Geldern aus Straßenbaumitteln für den Erhalt und die Neuanpflanzung von Straßenbäumen deutlich erhöht werden.
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