Werkstoff vom Stellmacher

Holz ist sein wichtiges Material und war bei vielen Stellmachern das einzige. Von der Beschaffenheit des Holzes hing die Qualität einer Arbeit in erster Linie ab. Hier, wo jedes Arbeitsstück einer besonderen starken Beanspruchung genügen muss, ist die Auswahl des Holzes wesentlich. Kurzes oder sprodes Holz am Rad oder Deichsel wird bei jedem starken Stoß oder stärkerer Belastung brechen und damit nicht nur für das Gefährt, sondern auch für seine Insassen zum Verhängnis werden. Der leichte Schlitten wird alsbald zum Trümmerhaufen, wenn Holz und Holzverbindungen nicht den unvermeidlichen Hindernissen der Rodelbahn standhalten. Das alles rechtfertigt, dass in der Stellmacherei der Auswahl des Holzes ganz besondere Beachtung geschenkt wird.

Der Landstellmachermeister suchte sich oft noch selber die geeigneten Stämme heraus und lagert sie ganz oder auch geschnitten, bis er sie brauchte, möglichst mindestens zwei bis drei Jahre hin. Wer diese Sicherheitsmaßregeln anwenden konnte, hat eine gewisse Garantie, dass seine Waren hohen Anforderungen standhalten konnte. War geeignetes trockenes Holz genügend vorhanden, so bedarf es nur noch des geschulten Blickes für die Erfordernisse des Einzelstückes, um das richtige Holz zuzuschneiden.

Der Holzhandel hatte für den Beruf eine besondere Klasse unter dem Sammelnamen “Wagnerholz”. Astrein und zäh sind dessen wesentliche Merkmale. Vorherschend ist hartes Laubholz für Rad und Gestell, daneben etwas weicheres Holz für den Wagenkasten bei einfacheren Ausführungen. Felgen machte man aus Rotbuche, Speichen aus Esche , Eiche, Akazie und Hickory. Bei Luxuswagen wurde der Radkranz auch wohl aus Rotbuche, Esche, Eiche und Hickory gebogen. Für die Nabe des Rades kam Ulme, Eiche und Esche in Frage, die sämtlich schwer spalten. Für die übrigen Bestandteile des Wagens blieb es frei, je nach Vorrat und Landessitte Esche, Eiche, Birke oder Rotbuche zu verwenden.

Für Deichselstangen wurde sowohl für Kusch- als auch für Lastwagen die Birke mit Vorliebe verwendet, weil sie leichter ist als andere Hölzer und dabei doch, namentlich an den Stammenden, außerordentliche Zähigkeit besitzt. Leichtere Hölzer wie Pappel oder Linde, dienten für die Täfelungen an Kutschwagen, soweit man nicht des Aussehens halber Esche nahm. Für Luxusausführungen kam im Oberbau natürlich auch femde Luxushölzer in Frage.

Das Holz zum Oberbau des Wagens wurde meist schon geschitten als Bretter oder Bohlen eingekauft, während man für Deichseln, Leiterbäume, Langbäume, Lastwagengestelle und Naben meist Rundholz erwarb, Felgen und Speichen dagegen in vorgerichtetem Zustand.
Fahrzeug mit Holzrahmen
Radfelgen und Speichen bildeten einen immerhin bedeutenden Handelsartikel, sogar im überseeischen Verkehr. Felgen waren am besten, wenn Sie aus gesunden, ast - und kernlosem Holz derart gespalten wurden, dass die ebenen Stücke in Spaltrichtung fallen. Je gleichmäßiger in der Stärke das einzelne Stück beim Spalten ausviel, um so vorteilhafter war es in der Bearbeitung. Schräge Baumkanten wurden vermieden. Normale Stärken für Felgenhölzer waren: 8, 9 und 12 cm. Für den Handel wurden die Felgenhölzer so bemessen, dass sie sich sowohl für das kleinere Vorder- als für das größere Hinterrad eigneten. Bei einer durchschnittlichen Länge von 80cm muss das Rohholz etwa 16cm, an den Enden mindestens 8cm breit sein. Es durfte also dort entsprechend der späteren Rundung des Rades an einer Seitenverjüngt zugehen.

Der verminderte Holzreichtum sowie die Preissteigerung nach dem 1Weltkrieg zwangen aber dazu, mit dieser immerhin etwas verschwenderischen Methode zu brechen und der Holz- und Geldersparnis wegen die Felgen aus Bohlen zu schneiden, soweit nicht schon durch gebogene Felgen (Radbügel) die vorerwähnte Zurichtung verdrängt worden war. Geschnitte Felgen waren aber im allgemeinen weniger haltbar als gespaltene. Benutzte man Ausschnitte aus dem Wald zum Spalten von Felgen, so rechnete man, dass ein Raummeter ungefähr 64Stück 8cm oder 51Stück 12cm starke Felgen ergibt.

Gleich wichtig für die Haltbarkeit des Rades sind die Speichen, die man darum auch mit Vorliebe durch Spalten gewann, um so kurzes oder krummes Holz zu meiden. Zu Speichen war nur das festeste und zäheste Holz gut genug. Im Handel gangbare Maße waren 60 bis 65 beziehungweise 68 bis 76cm lang, 5x7, 6x8, 9x9, 9x10, 10x10 und 10x11cm stark. Je nachdem wie die Stücken gespalten oder der Faserrichtung nach geschnitten waren, sprach man von gespaltenen, gerissenen oder geschnittenen Speichen. Als Material kam fast nur Eiche, Esche oder Akazien, vor dem Krieg in ganz erheblichen Umfang für Kutschenwagenräder auch Hikoryholz, in Frage. Solche Speichen waren aus Amerika, teils in rohen, vielfach aber in fix und fertig geputztem Zustand eingeführt worden und bildeten einen bedeutenden Handelsartikel.

Radnarben wurden in der Regel schon im frischen Zustand gebohrt und sodann, frei aufgeschichtet und langsam getrocknet. Im allgemeinen herrschte be dem Wagenholz die deutliche Herkunft vor. In sehr vielen Fällen gibt sogar das am Ort gerade reichlich vorhandene Material den Ausschlag für die zu verwendende Holzart, soweit diese nicht durch den Verwendungszweck ohne ohne weiteres gegeben ist.

Die damalige Praxis hat ja den Stellmacher die Qualitätsprüfung schon etwas aus der Hand genommen, denn soweit gebogene Hölzer, wie Scheerbäume, Achshölzer, Radbügel, Spriegel, gebogene Ecksäulen zu Coupes und Landauer im Frage kommen, ist ja die Auswahl des Holzes schon vom Biegemeister getroffen worden.

Die Literatur und Quellen aus den die Texte entstanden sind, findet man unter Literaturnachweis



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