SchülerInnen und Lehrer der Fachklasse für Tischler/Holztechnik BKT Lüdenscheid empfingen am vergangenen Montag Besuch aus Tansania: Eine Delegation der Technischen Schule „Kashozi“ im Norden des Landes nahe dem Victoriasee unter der Leitung von Schwester Yustina Kainegez war der Einladung gefolgt, die technischen Möglichkeiten des Berufskolleg, Unterrichtsinhalte und -methoden kennenzulernen. Die SchülerInnen erläuterten auf englisch das duale Ausbildungssystem in Deutschland und stellten eigene Projektarbeiten vor.
Der Kontakt ergab sich im letzten Jahr im Rahmen eines Kooperationsprojektes der Tischlerauszubildenden vom BKT Lüdenscheid mit den Schülern der Tischlerausbildung an der Technical School Kashozi. Das Projekt fand im Rahmen der Masterarbeit von Jutta Tripp vom evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg statt. Sie untersuchte die Chancen und Möglichkeiten der Medienbildung in Zusammenhang mit der Einführung von beruflichem E-Learning zwischen deutschen und tansanischen Auszubildenden im Tischler- und Schneiderinnenhandwerk.
Das Kooperationsprojekt im Bereich des Tischlerhandwerks bestand darin, einen in der Partnerschule produzierten Stuhl hinsichtlich der Stabilität und des Designs zu einem Bürostuhl mit Armlehnen zu überarbeiten. Doch zunächst mussten die Azubis vom BKT erst einmal Näheres über die Ausbildung und die Schüler in Erfahrung bringen. Sie fanden heraus, dass die Ausbildung zum Schreiner nur in der Schule und nur mit Handwerkszeugen stattfindet, denn es gibt keine Holzbearbeitungsmaschinen. Auch Strom gibt es nur zeitweise, so dass der notwendige Internetzugang nur unregelmäßig zu Verfügung steht, was die Kommunikation etwas mühsam gemacht hat.
Von Frau Tripp erfuhren die SchülerInnen weitere interessante Dinge über das Leben der Schüler der Technical School.:
„Der Partnerkirchenkreis Missenye liegt im strukturschwachen Kagera-Gebiet Tansanias, das im Norden an Uganda grenzt. Die Menschen dort wissen, wie wichtig der Bildungszugang ist und streben mit allen Kräften danach, den besten für ihre Kinder zu erreichen. Jeder tansanische Jugendliche in Missenye geht gerne und stolz zur Schule. Die hohe AIDS-Erkrankungsrate in der Bevölkerung und der verlustreiche Zweite Uganda-Tansania-Krieg Ende der Siebziger Jahre hat viele Jugendliche zu (Halb-)Waisen gemacht. Sie fahren teilweise mehr als 1 ½ Stunden mit dem Fahrrad, um Schneiderin oder Schreiner zu werden und damit eine spätere Berufsperspektive zu haben. Dabei sind ihre wichtigsten Aufgaben im Alltag eigentlich das Holen von Wasser, das Sammeln von Futter für die wenigen eigenen Nutztiere und das Sammeln von Feuerholz für das tägliche Kochen. Keiner dieser Jugendlichen käme auf die Idee, die Ausbildung abzubrechen.
Die Leiterin und LehrerInnen der Schule setzen sich dort für jeden Schüler so ein als wäre er ihr eigenes Kind, indem sie ihm trotz aller abverlangten Disziplin Geborgenheit und Aufmerksamkeit schenken.“
Das harte und entbehrungsreiche Leben der Jugendliche in Tansania war für die Azubis am BKT ein wichtiger Antrieb, behutsam und auf Augenhöhe mit den Partnerschülern in Kontakt zu treten. Via Internet haben sie leicht verständliche Materiallisten, Handskizzen und Explosionszeichnungen mit dem Ziel ausgetauscht, die Fertigung der Stühle vor Ort zu optimieren. Wo vorher Gestelle genagelt wurden, kommen nun einfache Schlitz-/ Zapfenverbindungen und selbstgefertigte Dübel zum Einsatz kommen.
„Für unsere Schülerinnen und Schüler war dieses Projekt eine wichtige Erfahrung, die sie in ihrer fachlichen und persönlichen Entwicklung gefördert hat. Vor allem die unterschiedlichen technischen Standards zeigten unseren Schülern, dass z.B. Kreissägen, Akkuschrauber, CAD und CNC in Deutschland selbstverständlich sind, dies aber nicht für andere Länder und Kontinente gilt. Der Besuch der Delegation aus Tansania und die Gespräche haben den Eindruck noch einmal vertieft. Wir bedanken uns bei Frau Tripp für diese wichtige Erfahrung“, so der verantwortliche Fachlehrer für dieses Projekt vom BKT, Peter Malek.
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