Die Folgen des Klimawandels werden auch vor den gerade in Deutschland so geliebten Wäldern nicht Halt machen. Um die Folgen auf die lebenswichtigen Funktionen und Prozesse der Ökosysteme im Wechselspiel mit der Landnutzung auf die Biodiversität abschätzen zu können, bauen Forscher dreier Disziplinen an drei Standorten in Deutschland Dächer in den Wald: Wissenschaftler des ZALF Müncheberg, der Uni Freiburg sowie der Uni Halle arbeiten gemeinsam im Projekt BE Dry, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Schwerpunktprogramm Biodiversitäts-Exploratorien.
Die Forscher suchen Antworten auf folgende Fragen: Verstärkt eine höhere Biodiversität das Resilienzpotenzial – also die mögliche Widerstandsfähigkeit - von Ökosystemen bei Wetterextremen oder verändertem Klima? Wie sehen die Beziehungen von Landnutzung, Biodiversität und Ökosystemprozessen unter Berücksichtigung von Klimawandel aus? Können sich Pflanzen in einer Umgebung mit hoher Biodiversität gegenseitig helfen? Bisher bekannt ist, dass Bakterien und Pilze an den Wurzeln der Bäume die Bodenstruktur insgesamt verändern. Unklar ist bisher, wie das geschieht und welche Auswirkungen ein verändertes Klima auf diese Prozesse hat. Die Antworten auf diese Fragen hängen allerdings nicht in den Wipfeln der Bäume.
„Die Zukunft des Waldes spiegelt sich nicht nur in den Kronen der Laub- und Nadelbäume wider“, erklärt Prof. Dr. Arthur Geßler vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung ZALF in Müncheberg. „Gerade der Unterwuchs des Waldes definiert dessen Zukunft.“ Die jungen Bäume und Pflanzen am Waldboden sind besonders empfänglich für die Veränderungen, die durch den Klimawandel entstehen: Allgemein wird erwartet, dass die Temperaturen steigen werden, andererseits wird Trockenheit ein zunehmendes Problem. Und genau das sehen die Forscher des Projekts als den entscheidenden Faktor für die Entwicklung des Waldes und seiner Biodiversität.
„Wir bauen jetzt Dächer in den Wald, um Krautschicht und Jungwuchs künstlich und genau dosiert dem Stress der Trockenheit auszusetzen“, erläutert Arthur Geßler. „Wir können dann erkennen, wie die Boden-Mikroorganismen und der Unterwuchs in ihrer Artenvielfalt reagieren und welche Konsequenzen geringer Niederschlag als Folge des Klimawandels in Kombination mit verschiedenen Waldnutzungsformen auf die Biodiversität des Waldes hat.“
Um ein möglichst repräsentatives Bild zu erhalten, bedachen die Forscher drei unterschiedliche Szenarien, wie Wald genutzt wird: der ungenutzte, nahezu natürliche Wald, in dem in den Breitengraden Deutschlands vor allem Buchen wachsen; der forstwirtschaftlich genutzte Wald mit dem vorherrschenden einheimischen Gehölz der Buche; der kommerziell genutzte Wald, in dem schnell wachsende Nadelgehölze wie Fichte oder Kiefer angebaut werden. Alle drei Varianten werden jeweils an drei Standorten in Deutschland untersucht: im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin in Brandenburg, im Nationalpark Hainich-Dün in Thüringen und im Biosphärengebiet Schwäbische Alb in Baden-Württemberg.
An allen Standorten wird jeweils ein 10 mal 10 Meter großes Dach in den Wald gebaut, umringt von jeweils vier Satellitendächern der Größe drei mal drei Meter, so dass die ganze Heterogenität eines typischen Waldes einbezogen werden kann. Die Dächer bestehen aus einzelnen Segmenten, mit Hilfe derer die Forscher die Niederschlagsmenge variabel reduzieren können.
Das Forscherteam nutzt die Dächer, um einerseits die Hydrologie im Boden zu untersuchen (Uni Freiburg), die Vegetationsökologie zu analysieren (Uni Halle) und schließlich die direkten Effekte der Trockenheit auf Pflanzen und Mikroorganismen im Boden sowie auf die hydrologischen Kennziffern des Bodens zu untersuchen (ZALF Müncheberg).
Das Projekt ist angesiedelt im Schwerpunktprogramm Biodiversitäts-Exploratorien, einer offenen Forschungsplattform für Wissenschaftler aus ganz Deutschland die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. Das Projekt wird geleitet von Prof. Markus Weiler aus Freiburg, Prof. Helge Bruelheide aus Halle und Prof. Arthur Geßler aus Müncheberg.
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